Elegie geschrieben in einem Landkirchhof
May 1750 - Thomas Gray

Übersetzung von Elegy Written in a Country Churchyard

Die Abendglocke grüßt den Tag zum Gottbefohlen,
das Herdenvieh zieht blökend übers Weideland,
der Landmann kehrt ermüdet heim auf schweren Sohlen
und lässt die Welt nun mir und in der Schatten Hand.

Der letzte Glanz des Landes schwindet unterm Himmel,
den eine feierliche Stille überzieht,
leis untermalt von Käfersummen und Gebimmel
aus Herdenglocken, sachte wie ein Schlummerlied.

Vom alten Wehrturm steigt aus dichten Efeuranken
das Klagen einer Eule hoch zum blassen Mond,
dass eines Wandrers Tritt die hehren Schranken
des alten Reichs missachte, wo sie horstend thront.

Beschirmt von Ulmen und der Eiben Schattenhände
verbuckelt sich die Erde, wölbt sich moderschwer,
dort liegt für sich allein bis zu der Zeiten Ende
ein jeder raue Ahn des Dorfs von Alters her.

Kein Duft von einer jungen, frischen Morgenbrise,
kein frohes Schwalbenzwitschern aus dem Nest von Lehm,
kein Jagdhornklang, kein früher Hahnenruf lässt diese
aus stiller Ruh im engen Bett je wieder auferstehn.

Kein Funkenknistern wird je ihren Schlaf versüßen,
des Abends keine Frauenhand die Last abnimmt,
kein Kind wird seinen Vater lispelnd mehr begrüßen,
und keines das zum Kuß des Vaters Knie erklimmt.

Wie viele Halme ihre Sichelsensen spürten,
wie brach die Pflugschar Furchen durch das schwere Land,
wenn fröhlich sie Gespanne durch die Fluren führten,
wie fiel der Wald einst vor den Hieben ihrer Hand.

Lasst Hochmut nicht ihr Mühen wertlos machen,
noch ihre simplen Freuden, kaum gerühmten Stand,
wehrt der Herablassung, die nur mit kaltem Lachen
der Armen Leben für zu kurz, zu fad befand.

Den Glanz der Macht, den Stolz des hehren Ritterstandes
mit all der Schönheit, allem Reichtum den er gab,
erwartet - allen gleich- der Riss des Lebensbandes:-
Der Weg führt auch die Mächtigen nur an ihr Grab.

Such nicht in deinem Stolz die Schuld bei ihnen,
wenn das Erinnern überm Grab kein Bauwerk türmt
dem Kapitelle nur und edle Fresken dienen,
dem stolze Marschmusik durch Säulenhallen stürmt.

Hat je die Urne, je die allerschönste Büste
den Odem, der entschwand, ins Heim zurück bewegt?
Hat Ehre, Schmeichelei den Staub aus seiner Wüste
erweckt, das taube Ohr des Todes je erregt?

Vielleicht birgt dieser Ort, wo wir Zerfall nur spüren,
ein Herz, das unerwecktes Himmelsfeuer trug,
und Hände - Reichsapfel und Szepter wert zu führen,
die goldne Leier gar , die einstens Orpheus schlug?

Doch Weisheit hat den reichen Wissensschatz verborgen,
der Blick der Augen blieb erkenntnislos verwaist,
der edle Geist verkümmerte in schwersten Sorgen,
der Seelenflug erstarrte und erstarb darin vereist.

Wie viel Juwelen in den Meerestiefen glühen ,
die keine Hand je aus dem Unerforschten hebt,
wie viele Blumen, die nur ins Vergessen blühen,
ihr Duft ein Hauch, der nur den Wüstenwind belebt?

Ein Hampden mag hier ruhen, der mit Mut im Herzen
der Willkür auf der eignen Scholle widerstand,
ein Milton ohne Paradies , der Hölle Schmerzen,
ein Cromwell ohne Bruderblut an seiner Hand.

Der Ratsherrn Beifall als Geburtsrecht zu verlangen,
Zerfall und Schmerzen zu verachten alle Zeit,
mit reichen Gaben eines Landes Liebe einzufangen,
zu sehn, wie es als eine Nation gedeiht,

verweigerte das Los, sie kannten nur Entsagen
selbst noch Versuchung, Fall und Schande blieb verwehrt ,
kein Mord half ihnen, Kronen blutbespritzt zu tragen,
so schloss, damit kein Hauch ihr Ansehen entehrt,
das Tor der Gnade vor den Kämpfen der Gewissen,
vor Schamesröten sich den Augen dieser Welt,
dass nicht der Weihrauch – einer Muse Schrein entrissen –
den Bau des Stolzes und der Prahlerei erhellt.

Fern von der Menschenmenge wüstem Treiben
kam all ihr Wünschen niemals ab von Pfad und Steg,
ins Buch der Abgeschiedenheit ihr Lebenswerk zu schreiben,
blieb Richtschnur und das rechte Maß auf auf ihrem Weg.

Selbst solche Knochen nicht mit Missachtung zu strafen,
reckt ein Memento sich, zerbrechlich schwach, versehrt.
Mit kruder Steinmetzkunst und krausen Epitaphen
verlangts des Wandres Seufzer , der die Toten ehrt.

Die Namen und die Jahre, unkundiger Muse Krakel ,
hat Ort und Zeit für eine Elegie gezeugt,
und mancher Bibelvers verweist auf manchen Makel,
belehrt den Spötter, wie man vor dem Tod sich beugt.

Noch keiner, dem Vergessensein je preisgegeben,
ließ diesen Lebens Süße willig, Stück für Stück,
gab auf die warme Welt, zu lieben und zu leben,
und warf nicht einen langen Sehnsuchtsblick zurück.

Auf warmes Angedenken hofft doch jede Seele,
darauf dass Tränen fließen, wenn der Tod sich zeigt,
so fleht Natur selbst noch aus dumpfer Grabeshöhle
darum, dass ihre Asche noch ein Feuer zeugt.

Für dich, der sich der vielen ungerühmten Toten
in diesen Zeilen annimmt und ihr Los erzählt;
Vielleicht spielt einst der Zufall dann den Boten
bringt Kunde einem Sinnenden, den er erwählt:-
kann einen wüsten Sauhirt zu dem Wort bewegen:
„Oft sah man vor dem Morgenrot schon seinen Gang
den Tau mit schnellem Schritt von Gräsern fegen,
die Sonne zu begrüßen auf dem hohen Hang.

Er streckte stets sich an dem Fuß der hohen Birke,
die ihre Wurzeln märchenhaft verdreht und spinnt,
erschöpft zur Mittagszeit nach morgigem Gewirke
dem Bach zu lauschen, wie er plappernd talwärts rinnt.

Am Waldrand ging er oft, als lächle er verachtend,
wohl Fantasien nach, ganz ohne festes Ziel,
bald so, als ob ihn aussichtslose Lieb umnachtend
dort hielt, bald so als ob ihn Sorgenlast befiel.

Dann eines Tages blieb verwaist der Hügelkamm,
die Heide menschenleer, sein Platz am Baum allein,
ein andrer kam, man sah noch nicht am Birkenstamm,
noch auf der Alm, noch nah am Bach im Einsamsein.

Den Nächsten, all sein Mühen trauervoll gerichtet,
trug man den Friedhofspfad herauf zum letzten Raum:
Tritt näher, lies (das kannst du) was man hier berichtet,
graviert in grauem Stein, beschirmt vom Schwarzdornbaum.

Zum Gedenken

Hier ruht ein junges Haupt im stillen Schoß der Erde,
ein junger Mensch, dem Glück, dem Ruhm noch unbekannt,
die Weisheit unterließ abschätzige Gebärden,
Melancholie hat als Gefolgsmann ihn erkannt.

Sein Erbe war sehr groß, die Seele konnte rein sich zeigen,
der Himmel hat zum Ausgleich gleicherweis beschert,
dem Leid gab er die eine Zähre, ihm zu eigen,
der Himmel hat (sein einzger Wunsch) als Freund sich ihm erklärt.

Versuch nicht weiter, nach Verdiensten auszuschauen,
such nicht nach seinen Fehlern denn in fernem Land
(dort ruhen alle zitternd und doch voll Vertrauen)
hält gut geborgen ihn nun Gottes Vaterhand.