Vollendet steht — Dank unsern Schlachtgewinnern —
Und festgegründet schaut in Herrlichkeit
Das Reich nach außen friedlich, — doch im Innern
Weckt neu von Rom geschürter Glaubensstreit
An finstre Zeit ein mahnendes Erinnern.
Wohl ragt der Baum der Einheit hoch und weit,
Und wetterfest, wie sehr der Sturm auch wüthe,
Doch schmückt ihn noch kein Laub und keine Blüte.
Nichts Großes — außer neuem Schlachtenruhme —
Enthüllt er uns, als was wir längst schon hatten:
Zu seinen Füßen sproßt manch' schöne Blume,
Die Krone giebt ihr weder Licht noch Schatten;
Rings reift das Korn ans fetter Ackerkrume,
Das Gras wächst hoch auf wohlgepflegten Matten —
So ist es heute und so war es immer,
Es ward damit nicht besser und nicht schlimmer.
Schön steht der Heldenstirn der Lorbeerkranz,
Doch was das Schwert gewann, kann es verlieren,
Und einem großen Reich geziemt’s, mit Glanz
Der unvergänglich, seine Macht zu zieren.
Manch' hochbegabter Sohn des Vaterlands
Muß harmvoll um sein täglich Brod hantieren,
Der, sorglos, an den rechten Platz gestellt,
Ein Stolz des Reiches würde und der Welt.
Doch für Genies ist noch kein Platz gefunden,
Zu hohem Ziel sie fördernd zu vereinen;
An Rang und Titel bleibt, was gilt, gebunden,
Am meisten gelten, die am meisten scheinen,
Und so von Ehrenflittern gleich umwunden,
Gesellt sich leicht das Hohe dem Gemeinen;
Der Genius wird höchstens nur geduldet
Und durch ein Band im Knopfloch angehuldet.
Im Felde siegten große Schlachtenmeister
Durch Einheitskraft und überlegnen Plan;
Zum Sieg des Schönen eint kein Bund die Geister,
Ein Jeder kämpft sich durch auf eig’ner Bahn;
Die Einzelkraft versagt, wo immer dreister
Die Schwärme geistiger Verwild’rung nah’n;
Manch' edler Geist verfällt — weil nicht gehalten —
Wehrlos dem Zug dämonischer Gewalten.
Hier krankt das deutsche Reich. Mög’s bald gesunden?
Daß Schönheit seinem Glänze sich vermähle —
Wenn echt, ist sie der Wahrheit eng verbunden,
Die allem Großen Leben giebt und Seele;
Sie scheucht den Trug, hat Balsam für die Wunden,
Und macht, daß nicht dem Baum die Blüte fehle,
Die wunderthät’ge Frucht enthüllt, vom Bösen,
Das Deutschland noch bedrängt, uns zu erlösen.